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Kreislaufwirtschaft als Leitprinzip für nachhaltige Lichtplanung
Im Zentrum der nachhaltigen Lichtplanung steht das Prinzip der Kreislaufwirtschaft. Dieses verfolgt einen Paradigmenwechsel: Weg von der linearen Nutzung – also „produzieren, nutzen, entsorgen" – hin zu einem geschlossenen Kreislauf, in dem Materialien wiederverwendet oder recycelt werden1. Circular Lighting setzt genau hier an. Ziel ist es, Leuchten so zu konzipieren, dass ihre Komponenten trennbar, austauschbar und möglichst vollständig wiederverwertbar sind. Dies beginnt bereits bei der Produktentwicklung durch das sogenannte Design for Disassembly, das eine sortenreine Trennung von Materialien ermöglicht2.
Der Lebenszyklus einer Leuchte wird ganzheitlich betrachtet – von der Rohstoffgewinnung über die Produktion und Nutzung bis hin zum Rückbau und Recycling. Laut Umweltbundesamt können durch konsequente Kreislaufwirtschaft bis zu 40% der Treibhausgasemissionen in der Produktionskette eingespart werden1. Nachhaltige Beleuchtung umfasst daher nicht nur energieeffiziente Technologien, sondern auch den bewussten Einsatz von Materialien mit geringer Umweltbelastung3.
Konzepte wie Cradle-to-Cradle Lighting, bei denen alle Bestandteile biologisch oder technisch rückführbar sind, rücken zunehmend in den Fokus. Das Cradle to Cradle Products Innovation Institute zertifizierte bereits zahlreiche Leuchtenmodelle, die strenge Kriterien in Bezug auf Materialgesundheit, Wiederverwendbarkeit und soziale Fairness erfüllen.

Modulare und recyclingfähige Leuchtensysteme in der Praxis
Ein zentrales Element zirkulärer Lichtsysteme ist ihre Modularität. Durch den modularen Aufbau lassen sich einzelne Bauteile wie LED-Module, Treiber oder Steuerungseinheiten leicht austauschen oder aufrüsten, ohne dass das gesamte System ersetzt werden muss. Dies verlängert nicht nur die Lebensdauer von Leuchten, sondern reduziert auch Wartungskosten und Ressourcenverbrauch erheblich.
Gleichzeitig gewinnen recyclingfähige Materialien an Bedeutung: Aluminiumgehäuse, biobasierte Kunststoffe oder Materialien aus industriellen Nebenprodukten ermöglichen eine nahezu vollständige Rückführung der Bauteile in den Wirtschaftskreislauf5.
Best Practices zeigen, wie solche Lösungen in realen Projekten umgesetzt werden: Das Beleuchtungskonzept des „Edge"-Gebäudes in Amsterdam basiert auf einem durchdachten Rücknahmesystem für Leuchtenmodule. Hersteller Signify übernimmt dabei die Verantwortung für Wartung, Austausch und Recycling – im Rahmen eines „Light-as-a-Service"-Modells. Dieses Modell reduziert den Ressourcenverbrauch deutlich und spart bis zu 25% Betriebskosten4.
Neue Materialien und Technologien für nachhaltige Beleuchtung
Die Forschung im Bereich nachhaltiger Materialien für Beleuchtungssysteme schreitet kontinuierlich voran. Besonders vielversprechend sind biobasierte Kunststoffe aus nachwachsenden Rohstoffen wie Maisstärke oder Zuckerrohr. Der Verband European Bioplastics prognostiziert ein jährliches Wachstum von etwa 15% für diese Materialien, was auch die Beleuchtungsindustrie beeinflusst5.
Innovative Recyclingsysteme für LED-Komponenten gewinnen ebenfalls an Bedeutung. Während die Rückgewinnung wertvoller Materialien aus konventionellen Leuchtstofflampen bereits etabliert ist, stellen LEDs aufgrund ihrer komplexen Zusammensetzung eine besondere Herausforderung dar. Nach Angaben des Deutschen Kupferinstituts können aus einer Tonne Elektronikschrott erhebliche Mengen Gold, Silber und Kupfer zurückgewonnen werden – Materialien, die auch in LED-Leuchten verbaut sind.
Wirtschaftliche und regulatorische Rahmenbedingungen
Die Integration nachhaltiger und zirkulärer Lichtlösungen ist nicht nur ökologisch sinnvoll, sondern zunehmend auch wirtschaftlich und gesetzlich motiviert. Die EU-Ökodesign-Richtlinie (EU 2019/2020) schreibt seit 2021 eine erhöhte Energieeffizienz, längere Lebensdauer sowie verbesserte Reparierbarkeit und Recyclingfähigkeit vor6. Mit dem EU-Aktionsplan für Kreislaufwirtschaft wurden weitere Maßnahmen eingeleitet, die auch die Beleuchtungsindustrie betreffen, darunter verschärfte Recyclingquoten und erweiterte Herstellerverantwortung7.
Auch wirtschaftlich überzeugen zirkuläre Lichtlösungen: Die Betrachtung der Total Cost of Ownership (TCO) zeigt, dass höhere Anfangsinvestitionen durch geringere Betriebskosten und längere Produktlebensdauern kompensiert werden. Laut einem Bericht von McKinsey & Company können Unternehmen durch nachhaltige Beleuchtung bis zu 30% der Lebenszykluskosten einsparen8.
Zudem bieten Länder und Organisationen Förderprogramme für Investitionen in energieeffiziente und recyclingfreundliche Technik. In Deutschland unterstützt beispielsweise die KfW energieeffiziente Beleuchtungssysteme im Rahmen ihrer Förderprogramme mit bis zu 20% der Kosten9.
Lichtdesign trifft Nachhaltigkeit: Chancen für Planer und Architekten
Die Verbindung von Lichtdesign und Nachhaltigkeit eröffnet neue kreative und planerische Spielräume. Intelligente Systeme, die Licht nach Bedarf regeln und Energieflüsse optimieren, tragen wesentlich zur Ressourcenschonung bei. Laut International Energy Agency (IEA) könnten durch intelligente Beleuchtungssysteme jährlich etwa 640 TWh Strom eingespart werden10.
Der Einsatz von Building Information Modeling (BIM) hilft dabei, Lichtkonzepte von Anfang an unter zirkulären Gesichtspunkten zu modellieren. Eine Studie des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung zeigt, dass durch BIM-unterstützte Planung der Materialverbrauch um bis zu 15% reduziert werden kann11.
Die Integration von Nachhaltigkeitsaspekten in die Lichtplanung wird durch Zertifizierungen wie den WELL Building Standard unterstützt, der Nutzerzufriedenheit und Betriebskosten deutlich verbessert12.
Herausforderungen und Zukunftsperspektiven
Trotz der Fortschritte steht die Umsetzung von Circular Lighting noch vor Herausforderungen. Laut UNU & SCYCLE werden europaweit derzeit nur etwa 40% der Leuchten fachgerecht recycelt13. Digitale Produktpässe könnten hier künftig helfen, Recyclingquoten zu steigern. Weitere Herausforderungen liegen in der notwendigen Anpassung von Produktdesigns und Geschäftsmodellen, um zirkuläre Ansätze noch effektiver zu integrieren. Zukünftige Entwicklungen könnten insbesondere durch stärkere regulatorische Vorgaben und verbesserte Anreizsysteme seitens der Politik unterstützt werden. Entwicklungen wie biologisch abbaubare OLEDs der TU Dresden oder biolumineszente Pflanzen des MIT zeigen zudem neue nachhaltige Möglichkeiten für die Beleuchtungsindustrie auf und könnten langfristig völlig neue, umweltfreundliche Lichttechnologien etablieren14 15.
FAQ
Was bedeutet Circular Lighting konkret in der Gebäudeplanung?
Circular Lighting bezeichnet einen Ansatz in der Lichtplanung, der auf Kreislauffähigkeit und Nachhaltigkeit über den gesamten Lebenszyklus einer Leuchte abzielt. Dabei werden Materialien so ausgewählt und Produkte so konstruiert, dass sie repariert, wiederverwendet oder recycelt werden können. Für die Gebäudeplanung bedeutet das, bereits in der Entwurfsphase modulare und langlebige Systeme einzuplanen, Rücknahmeprozesse zu berücksichtigen und Lichtlösungen als Teil einer ganzheitlichen Nachhaltigkeitsstrategie zu sehen.
Welche Vorschriften gelten für nachhaltige Beleuchtung in Europa?
Die zentrale regulatorische Grundlage bildet die EU-Ökodesign-Richtlinie 2019/2020, die Anforderungen an Energieeffizienz, Austauschbarkeit und Recyclingfähigkeit von Lichtquellen festlegt. Darüber hinaus spielen Normen wie EN 12464-1 (Licht und Beleuchtung – Beleuchtung von Arbeitsstätten) sowie Zertifizierungen wie DGNB, LEED oder WELL eine Rolle. Diese berücksichtigen ökologische und soziale Kriterien im Rahmen nachhaltiger Bauvorhaben und bewerten die eingesetzte Beleuchtung hinsichtlich Umweltverträglichkeit, Energieverbrauch und Nutzerkomfort.
Welche Vorteile haben modulare und recyclingfähige Leuchten?
Solche Leuchten ermöglichen eine längere Nutzungsdauer durch einfache Wartung und Austausch defekter Komponenten. Das senkt Wartungskosten und reduziert Ausfallzeiten. Gleichzeitig erleichtert die Trennbarkeit der Materialien das Recycling und verbessert die Umweltbilanz. Hersteller bieten zunehmend Rücknahmeprogramme an, bei denen alte Leuchten fachgerecht entsorgt und Materialien wiederverwertet werden. Wirtschaftlich ergeben sich Einsparungen durch geringere Betriebskosten und Fördermöglichkeiten, während Planer und Bauherren gleichzeitig ihren Nachhaltigkeitszielen gerecht werden.
Wie kann ich als Planer sicherstellen, dass meine Lichtkonzepte den Prinzipien der Kreislaufwirtschaft entsprechen?
Als Planer sollten Sie zunächst auf Produkte mit anerkannten Umweltzertifikaten (wie Cradle-to-Cradle, Blauer Engel oder EU Ecolabel) achten. Wichtig ist zudem die Berücksichtigung der gesamten Lebenszykluskette: Wählen Sie Hersteller, die Rücknahme- und Recyclingprogramme anbieten und dokumentieren Sie die verwendeten Materialien für spätere Rückbau- und Recyclingprozesse. Die Zusammenarbeit mit spezialisierten Nachhaltigkeitsberatern kann ebenfalls hilfreich sein, um alle relevanten Aspekte zu berücksichtigen.