Die englischsprachige Diskussionsrunde anlässlich der ISH 2025 widmete sich der aktuellen Revision der EU-Gebäuderichtlinie (EPBD - Energy Performance of Buildings Directive) und den damit verbundenen Chancen und Herausforderungen für die Bau- und Gebäudetechnikbranche. Im Fokus standen smarte Technologien zur Gebäudeautomatisierung (Building Automation and Control Systems – BACS), deren regulatorische Einbettung, praktische Umsetzungsfragen sowie ihre Bedeutung für Energieeffizienz, Klimaschutz und Nutzerkomfort.
Zentrale Themen der Diskussion
1. Neue Anforderungen und Fristen aus der EPBD:
- Bis 2026 müssen die Mitgliedstaaten die neue EPBD in nationales Recht umsetzen.
- Ab 2026: Pflicht zur Überwachung der Raumluftqualität (IEQ) in großen Nichtwohngebäuden.
- Ab 2030: Ausweitung dieser Pflicht auf kleinere Nichtwohngebäude.
- Einführung des „Smart Readiness Indicator“ (SRI), um die digitale Intelligenz von Gebäuden zu messen – verpflichtend für große Nichtwohngebäude ab 2027.
- Ambitionierte Sanierungsziele: Bis 2030 müssen 16 % der energetisch schlechtesten Nichtwohngebäude renoviert werden, bis 2033 sogar 26 %.
2. Potenzial smarter Technologien:
- Gebäudeautomationssysteme können bis zu 46 % Energieeinsparung bringen (je nach Anwendung).
- Durch smarte Regelung lassen sich Komfort, Betriebsführung und Energieverbrauch optimieren.
- Auch ältere Gebäude können mit geringem Aufwand aufgewertet werden – oft ohne tiefgreifende Sanierung.
3. Marktchancen und Hindernisse:
- Die Technologie ist ausgereift, aber die Marktdurchdringung noch gering – u. a. wegen:
- Mangel an Fachwissen („Marktversagen“),
- geteilten Anreizen zwischen Investoren und Nutzern („split incentives“),
- Informationsdefiziten und unzureichender Kommunikation,
- fehlender Ausbildung bei Installateuren, Planern und Bauherren.
4. Umsetzung in den Mitgliedstaaten:
- Spanien: Vorreiter bei dynamischem hydraulischem Abgleich (>70 kW) – gesetzlich vorgeschrieben bei Neubau & Sanierung.
- Deutschland: Umsetzung der EPBD 2024 in Vorbereitung, erste Studien laufen. Verzögerungen sind möglich.
- Frankreich & Spanien: Testen aktuell den Smart Readiness Indicator (SRI) – teils mit eigenen Anpassungen der Bewertungssysteme, was Vergleichbarkeit erschwert.
Wichtige Erkenntnisse und Empfehlungen
Technologie allein reicht nicht – der Nutzen muss klar vermittelt werden:
- Viele Marktakteure sehen EPBD-Vorgaben als bürokratische Last, nicht als Chance.
- Der Fokus muss auf dem „Warum“ liegen: Energieeinsparung, Komfort, Gesundheit, Zukunftssicherheit.
Ausbildung und Schulung sind entscheidend:
- Planer, Handwerker und Betreiber benötigen praxisnahe Schulungen, um komplexe Systeme richtig zu planen, zu installieren und zu betreiben.
- Gerade KMU und Installateure müssen in die Lage versetzt werden, neue Anforderungen umzusetzen.
Öffentliche Gebäude als Vorbild nutzen:
- Die öffentliche Hand sollte mit gutem Beispiel vorangehen: systematisch die schlechtesten 16 % der Gebäude identifizieren und sanieren.
- So können Technologien demonstriert und Märkte aktiviert werden.
Inspektionen & Betrieb:
- Gebäude müssen nicht nur effizient geplant, sondern auch effizient betrieben werden – über den gesamten Lebenszyklus.
- Neue Anforderungen (z. B. längere Inbetriebnahmephasen) helfen, echte Leistung statt reiner Formalerfüllung zu sichern.
Smart Readiness Indicator (SRI):
- Gute Idee, aber noch viele offene Fragen:
- Hohe Komplexität und geringe Bekanntheit.
- Gefahr fehlender Vergleichbarkeit bei nationalen Anpassungen.
- Gefahr, smarte Gebäude zu schlecht zu bewerten und dadurch Marktimpulse zu schwächen.
Künstliche Intelligenz (KI):
- KI kann helfen, Gebäude intelligent zu steuern, Komfortwünsche vorherzusagen, Energieverbräuche zu optimieren und Wartung zu verbessern.
- Herausforderung: Balance zwischen lokaler und cloudbasierter KI wegen Energiebedarf der Datenverarbeitung.
Fazit:
Die EPBD stellt klare Anforderungen – aber auch eine große Chance dar. Smarte Gebäudetechnik ist keine Kür mehr, sondern Pflicht. Entscheidend für eine erfolgreiche Umsetzung sind:
- gemeinsames Handeln der Industrie,
- einfache und einheitliche Werkzeuge (z. B. Checklisten),
- praxisgerechte Auslegung der Vorschriften durch die Mitgliedstaaten,
- ein klarer Fokus auf Kommunikation, Schulung und Systemintegration.
Nur wenn es gelingt, alle Beteiligten mit verständlichen, lösungsorientierten Botschaften abzuholen – vom Ministerium bis zum Elektriker –, wird das volle Potenzial der EPBD realisiert.
Dieser Vortrag wurde unterstützt durch VDS - Vereinigung Deutsche Sanitärwirtschaft e.V.