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Diskussionsrunde mit Gusts Kossovics, eu.bac – European Building Automation and Controls Association

Von der Politik zur Praxis: Die Umsetzung der Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden

10.04.2025

Die neue EU-Gebäuderichtlinie bringt klare Vorgaben für smarte Technologien in Gebäuden. Die Diskussionsrunde zeigt Chancen, Herausforderungen und was Industrie und Politik jetzt tun müssen – kompakt zusammengefasst für Entscheider.

Die englischsprachige Diskussionsrunde anlässlich der ISH 2025 widmete sich der aktuellen Revision der EU-Gebäuderichtlinie (EPBD - Energy Performance of Buildings Directive) und den damit verbundenen Chancen und Herausforderungen für die Bau- und Gebäudetechnikbranche. Im Fokus standen smarte Technologien zur Gebäudeautomatisierung (Building Automation and Control Systems – BACS), deren regulatorische Einbettung, praktische Umsetzungsfragen sowie ihre Bedeutung für Energieeffizienz, Klimaschutz und Nutzerkomfort.

Zentrale Themen der Diskussion

1. Neue Anforderungen und Fristen aus der EPBD:

  • Bis 2026 müssen die Mitgliedstaaten die neue EPBD in nationales Recht umsetzen.
  • Ab 2026: Pflicht zur Überwachung der Raumluftqualität (IEQ) in großen Nichtwohngebäuden.
  • Ab 2030: Ausweitung dieser Pflicht auf kleinere Nichtwohngebäude.
  • Einführung des „Smart Readiness Indicator“ (SRI), um die digitale Intelligenz von Gebäuden zu messen – verpflichtend für große Nichtwohngebäude ab 2027.
  • Ambitionierte Sanierungsziele: Bis 2030 müssen 16 % der energetisch schlechtesten Nichtwohngebäude renoviert werden, bis 2033 sogar 26 %.

2. Potenzial smarter Technologien:

  • Gebäudeautomationssysteme können bis zu 46 % Energieeinsparung bringen (je nach Anwendung).
  • Durch smarte Regelung lassen sich Komfort, Betriebsführung und Energieverbrauch optimieren.
  • Auch ältere Gebäude können mit geringem Aufwand aufgewertet werden – oft ohne tiefgreifende Sanierung.

3. Marktchancen und Hindernisse:

  • Die Technologie ist ausgereift, aber die Marktdurchdringung noch gering – u. a. wegen:
    • Mangel an Fachwissen („Marktversagen“),
    • geteilten Anreizen zwischen Investoren und Nutzern („split incentives“),
    • Informationsdefiziten und unzureichender Kommunikation,
    • fehlender Ausbildung bei Installateuren, Planern und Bauherren.

4. Umsetzung in den Mitgliedstaaten:

  • Spanien: Vorreiter bei dynamischem hydraulischem Abgleich (>70 kW) – gesetzlich vorgeschrieben bei Neubau & Sanierung.
  • Deutschland: Umsetzung der EPBD 2024 in Vorbereitung, erste Studien laufen. Verzögerungen sind möglich.
  • Frankreich & Spanien: Testen aktuell den Smart Readiness Indicator (SRI) – teils mit eigenen Anpassungen der Bewertungssysteme, was Vergleichbarkeit erschwert.

Wichtige Erkenntnisse und Empfehlungen

Technologie allein reicht nicht – der Nutzen muss klar vermittelt werden:

  • Viele Marktakteure sehen EPBD-Vorgaben als bürokratische Last, nicht als Chance.
  • Der Fokus muss auf dem „Warum“ liegen: Energieeinsparung, Komfort, Gesundheit, Zukunftssicherheit.

Ausbildung und Schulung sind entscheidend:

  • Planer, Handwerker und Betreiber benötigen praxisnahe Schulungen, um komplexe Systeme richtig zu planen, zu installieren und zu betreiben.
  • Gerade KMU und Installateure müssen in die Lage versetzt werden, neue Anforderungen umzusetzen.

Öffentliche Gebäude als Vorbild nutzen:

  • Die öffentliche Hand sollte mit gutem Beispiel vorangehen: systematisch die schlechtesten 16 % der Gebäude identifizieren und sanieren.
  • So können Technologien demonstriert und Märkte aktiviert werden.

Inspektionen & Betrieb:

  • Gebäude müssen nicht nur effizient geplant, sondern auch effizient betrieben werden – über den gesamten Lebenszyklus.
  • Neue Anforderungen (z. B. längere Inbetriebnahmephasen) helfen, echte Leistung statt reiner Formalerfüllung zu sichern.

Smart Readiness Indicator (SRI):

  • Gute Idee, aber noch viele offene Fragen:
    • Hohe Komplexität und geringe Bekanntheit.
    • Gefahr fehlender Vergleichbarkeit bei nationalen Anpassungen.
    • Gefahr, smarte Gebäude zu schlecht zu bewerten und dadurch Marktimpulse zu schwächen.

Künstliche Intelligenz (KI):

  • KI kann helfen, Gebäude intelligent zu steuern, Komfortwünsche vorherzusagen, Energieverbräuche zu optimieren und Wartung zu verbessern.
  • Herausforderung: Balance zwischen lokaler und cloudbasierter KI wegen Energiebedarf der Datenverarbeitung.

Fazit:

Die EPBD stellt klare Anforderungen – aber auch eine große Chance dar. Smarte Gebäudetechnik ist keine Kür mehr, sondern Pflicht. Entscheidend für eine erfolgreiche Umsetzung sind:

  • gemeinsames Handeln der Industrie,
  • einfache und einheitliche Werkzeuge (z. B. Checklisten),
  • praxisgerechte Auslegung der Vorschriften durch die Mitgliedstaaten,
  • ein klarer Fokus auf Kommunikation, Schulung und Systemintegration.

Nur wenn es gelingt, alle Beteiligten mit verständlichen, lösungsorientierten Botschaften abzuholen – vom Ministerium bis zum Elektriker –, wird das volle Potenzial der EPBD realisiert.

Dieser Vortrag wurde unterstützt durch VDS - Vereinigung Deutsche Sanitärwirtschaft e.V.

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